Sonntag 10.4.2016 um 11:35 Uhr: letztmals erklingen die Pfeifen der kleinen Biebert-Orgel in einem Gottesdienst in der Markuskirche Waldetzenberg. In den vergangenen Wochen habe ich oft versucht, mir vorzustellen, wie das wohl sein wird: Werde ich gerührt sein und vielleicht sogar eine Träne vergießen? (Passiert mir übrigens öfter, als mancher vielleicht denkt…) Werde ich traurig sein? Werde ich froh sein, endlich nicht mehr nur ein Manual zu haben und mit den wenigen Registern trotzdem Farben und Stimmungen zaubern zu müssen?
Es war dann so, wie ich es mir gewünscht hatte. Ein würdiger Abschied voller Dankbarkeit. Dankbar dem damaligen Pfarrer Georg Dunst, der in die neue Kirche nicht mehr die uralte, schreckliche elektronische Orgel als Provisorium überführt hat, sondern zunächst die Truhenorgel des Singkreises und der dann mit allen die Gelegenheit beim Schopf gepackt hat, eine nächste tolle Übergangslösung nach Waldetzenberg zu holen – Pfarrer verhindern mancherorts viel an Kirchenmusik, bei uns haben sie diese seit ich denken kann immer befördert und gestützt. Dankbar meinem Vater Rainer Göstl, der damals alle Kanäle genutzt hat und dieses im Wortsinn einmalige Instrument vermittelt hat: Adam Biebert ist kein Orgelbauer, er war Mesner in Regensburg und hatte als Orgelfan die 5-Register-Orgel für sein (kein Witz!) Schlafzimmer gebaut, zum Glück unterstützt von einem der besten und verrücktesten Intonateure, die ich je kennengelernt habe. Dankbar meinem Freund Bernhard Lauerer, der im Grunde genommen die komplette Logistik des self-made Transportes geplant und durchgeführt hat, unterstützt von vielen helfenden Händen nicht zuletzt (aber nicht nur) aus dem Singkreis Deuerling. Dankbar der Polzhausener Dorfgemeinschaft, die das fahrbare Podest gebaut hat, auf dem man a) den Prospekt im Kirchenraum schön sehen und b) bei Choreinsätzen Platz schaffen konnte. Dankbar für die vielen Gottesdienste, die ich an diesem Instrument spielen durfte – 24 Jahre gesund geblieben, bei Kräften und ungelogen immer mit großer Freude. Unglaublich dankbar dafür, dass dieses Kleinod nun in St. Marien/Zandt bei Bad Kötzting weiter seinen Dienst zur Ehre Gottes und hoffentlich auch zur Erbauung der Gläubigen tun wird!
Und dann hat es der Herrgott also gefügt, dass sich die ehemals 5 Register nun auf 10 verdoppeln. Nicht irgendeine Orgel kommt da, sondern eine aus dem Hause Woehl. Eine, die seit 1988 in einer evangelischen Kirche in Großgerau ihren Dienst tat, wo der Kirchenraum jetzt zu Büros umgebaut wird. Beinahe plötzlich hat sich das über Jahre laufende Ringen und Suchen dann zu einer Lösung beschleunigt, vorangetrieben letztendlich durch KMD Thomas Löffelmann, der die neue gebrauchte Orgel fand, das Verfahren beim Bistum beschleunigt und die Biebert-Orgel nach Zandt vermittelt hat. Zu einem Preis all dies, der jeden Fachmann kopfschüttelnd schmunzeln macht: 65.000 Euro. 24 Jahre später gibt es wieder Grund zur Dankbarkeit: Pfarrer Dr. Waldemar Spyra hat über die Jahre schlechte Lösungen verhindert, nach guten gesucht und nun ausgerechnet über die Kar- und Ostertage Nacht- und Sonderschichten eingelegt, um die Sache zum Erfolg zu führen. Der Förderverein St. Markus unter Herrn Lautenschlager blieb beharrlich am Ball, um den Vereinszweck nun mit diesem Abschluss krönen zu können – der Löwenanteil des Geldes kommt vom Verein, der Rest vom Bistum, die Kirchenstiftung wird nicht belastet. Die Kirchenverwaltung mit Kirchenpfleger Mathias Mehler zieht mit, besonders Herr Ernst König setzt sich mit größtem Engagement und Sachverstand für die Sache ein.
Jetzt muss ich üben für den 1. Mai, denn da soll ich (wie es eine Kirchenbesucherin gestern formuliert hat) „die evangelische Orgel möglichst schnell katholisch machen“. Im Zeitalter der Ökumene halte ich das für die kleinere Aufgabe, aber ich bin bis in die Haarspitzen motiviert, mit der neuen Orgel weiter an dem zu arbeiten, was mir am wichtigsten ist: geisterfüllte und sinnen-erfühlende Liturgie, bejahendes feiern mit einem menschenfreundlichen Gott, Aufbau und Erhalt einer offenen, singenden Gemeinde.
Ein schöner Beruf!
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