Ein sehr schöner Teil meiner Tätigkeit am Landesgymnasium für Musik in Wernigerode ist der Chorleitungsunterricht. In diesem Schuljahr unterrichte ich einen Kurs von sehr engagierten und begabten Schüler:innen des Jahrgangs 11. Im Jahrgang 10 sieht der hausinterne Lehrplan vor, zunächst technische Grundlagen im Dirigieren zu vermitteln. Ich bin in meiner Klasse davon etwas abgewichen und habe auch und vor allem die Freude an der Verbindung von Musik und eigener Bewegung in den Mittelpunkt gestellt. Meine doch lange Hochschulerfahrung hat mir gezeigt: diejenigen Schüler:innen, die nicht sofort „eins sind“ mit ihrer Dirigierbewegung, sind nicht etwas „unbegabt“ oder unbeholfen, sondern sie brauchen für den Lernprozess vor allem Vertrauen in die Entwicklung und Freude am Lösen von gefühlten Hemmnissen. Dies kann am besten über Musik geschehen und es gelingt, wenn nicht der Kopf regiert und der Wille zur Kontrolle weitere Blockaden aufbaut. Im Qigong gibt es den wunderbaren Satz „Jede Bewegung ist richtig, denn es ist deine Bewegung!“. Im Grunde genommen basiert mein Anfängerunterricht genau auf dieser Prämisse: Wer sich wohlfühlt in seinem Körper und mit seiner Bewegung, kann nach und nach Veränderungen zunächst erfühlen und dann auch bewusst steuernd erzielen. Als Lehrer staune ich – wie auch am letzten Freitag wieder – über die Schönheit der Bewegungen dieser jungen Menschen. Die darf ich ihnen nicht nehmen, das ist wichtiger Teil meiner Verantwortung.