In meiner rein freiberuflichen Zeit und auch parallel zu meiner nicht-Vollzeit-Professur bestand eines meiner wichtigsten Arbeitsfelder darin, Kolleginnen und Kollegen aus dem Chorbereich auf unterschiedlichstem Level und in unterschiedlichsten „Lebenslagen“ mit Rat zur Seite zu stehen. Dies ist aufgrund meiner Auslastung hier in Wernigerode fast, aber doch nicht ganz zum Erliegen gekommen und ich vermisse es sehr. Warum? Weil ich heute in einem der seit 9/2021 so seltenen Fälle wieder wie damals so oft eine wunderbare Rückmeldung zu einem der schwierigsten Punkte bekommen habe, die einem in der Chorleitung begegnen können: Eine junge Kollegin hat einen engagierten (!) Tenor (!) in ihrem Laienchor, der aber leider große Probleme hat, seine Stimme zu halten, und neben dem deshalb mittlerweile niemand mehr singen kann/möchte. Wie spricht man das an? Welche Zielsetzung liegt solch einem Gespräch zugrunde? Wie verletze ich nicht und ziehe doch klare Grenzen? Wie wichtig sind im Verhältnis Schutz des Einzelnen und Schutz (der Qualität) der Gemeinschaft? Sehr komplex und kommunikationstechnisch gerade für junge Kolleg/-innen eine immense Herausforderung. Die Whatsappnachricht, die hier vor mir liegt, zeigt vollen Erfolg: das nächste Konzert ist gesichert (er pausiert) und danach sucht man nach entweder einer Lösung des Problems als Basis für weiteres Mitsingen oder man trennt sich im guten Einvernehmen, weil erwachsen und sachlich differenzierend im Gespräch.