Es ist der Traum einer jeden Chorleiter*in, kompetente Sänger*innen vor sich zu haben und auf einem gemeinsamen Level arbeiten zu können. Die vier Bereiche Stimmpraxis, Stimmbildung, Rhythmik und Gehörbildung sowie Musiklehre decken genau das ab, was ich mir an Kompetenz wünsche. Alle wissen mit der eigenen Stimme umzugehen, alle können bis zu einem gewissen Grad vom Blatt singen, alle wissen über ihre Stimme Bescheid, alle trainieren regelmäßig Gehör und Rhythmusgefühl auch im Bezug zur Notation von Chorpartituren und alle singen leiser, wenn da „decresc.“ steht. Ich muss nicht mehr so viel erklären, im besten Fall nicht einmal so viel in Papageienmethode vormachen und komme schnell zu dem, was alle wollen: Musik!
Meine erste Begegnung mit diesem Gedanken ist schon gar nicht mehr wahr… das muss 1998 gewesen sein. Ich wurde vom ACV nach Trossingen entsandt und dort haben Vertreter*innen aller Chorverbände über eine Vereinheitlichung der vorhandenen Ausbildungssysteme bzw. die Neuschaffung von fehlenden Komponenten gesprochen; diese Konferenz hat mir nebenbei bemerkt die wunderbare Freundschaft mit Gerhart Roth geschenkt. Mich hat das damals schon fasziniert, bei den Bläsern z.B. gab es das längst und war Standard. Zunächst wurde nichts daraus, dann wollte ich 2011 mit Übernahme des Chorjugendvorsitzes wieder ran an das Thema und es wäre fast was geworden. Jetzt ist die Rahmenrichtlinie da und das Programm wird mit viel Kraft und Energie vorangetrieben.
Die Rahmenrichtlinie (https://www.bundesakademie-trossingen.de/fileadmin/user_upload/Bibliothek_Schriftenreihe/DCJ-Broschuere_2020.pdf) ist im Oktober fertig geworden, genau rechtzeitig zu einem Multiplikatorenseminar an der Bundesakademie Trossingen. Im selben Raum, in dem ich 1998 die ersten Gespräche darüber geführt habe, haben knapp 20 Chorjugendbegeisterte daran gearbeitet, wie die Richtlinie nun mit pädagogischem Leben erfüllt werden kann und wie die Inhalte lebendig an die jungen Leute in unseren Chören vermittelt werden können – das hat großen Spaß gemacht und war für mich ohne Übertreibung die Erfüllung eines lang gehegten Traumes. GERADE jetzt starten wir, weil sich sehr viele der Inhalte online wunderbar vermitteln lassen. Wer also die Corona-Chor-Fastenzeit sinnvoll überbrücken will, bildet jetzt seine Leute zu kompetenten D-Sänger*innen aus und startet dann durch, wenn wir wieder singen dürfen.
Aktuell führen wir ein Pilotprojekt mit einem Kinderchor 5. bis 8. Klasse an einem Gymnasium in meiner neue Heimat Wernigerode durch und eines in meiner alten Heimat Deuerling in Bayern. Hier sammeln wir Woche für Woche Erfahrungen und geben diese sicher demnächst regelmäßig an Interessierte weiter. Auch freue mich darauf, bald Vorschläge für Prüfungsaufgaben in der Hand zu halten; daran arbeitet ein kleiner Kreis der Trossingen-Truppe und eine von mir betreute Studierende schreibt dazu ihre Bachelorarbeit.
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